Zeitungen saugen in der Bahnhofsunterführung von Perugia Wasser auf dem Boden auf, daneben ein Warnschild

Meine Mitbringsel vom #ijf14 – oder: “Papierjournalismus” ist ein wunderbares Wort

„Printjournalismus“ heißt in Italien „Papierjournalismus“ (giornalismo di carta). Das habe ich in den letzten Tagen gelernt. Und ebenso habe ich gelernt: Dieser kleine, aber feine Bedeutungsunterschied eröffnet eine völlig neue Perspektive auf unseren Beruf. Eine, die einen wirklich weiterbringt. Wo ich das gelernt habe? In Perugia. Nicht gerade einer der Metropolen Europas, auch nicht des Journalismus, möglicherweise aber durchaus der Innovation in selbigem. Eigentlich unglaublich: Man kann jahrelang Journalismus betreiben und dabei nichts von diesem wunderbaren Festival Internazionale del Giornalismo / International Journalism Festival in Perugia (Italien) mitbekommen. Ich hatte das Glück, reichlich spät durch einen Tipp meines früheren und nach wie vor sehr geschätzten Kollegen Wolfgang Blau darauf aufmerksam zu werden. Dieses Jahr konnte ich diese Reise endlich verwirklichen. Das hat sich gleich in mehrfacher Hinsicht gelohnt. Denn anders als andere Medientagungen, die ich erlebt habe, ist hier nicht alles rückwärtsgewandt und in der Bewahrung des Vergangenen verhaftet. Nein, hier schauen Journalisten nach vorne. Optimistisch. Pragmatisch. Wow. ...

May 3, 2014 · 3 min · Titus Gast

Twittertussi trifft wilde Netzgemeindler

Ich bin sehr positiv überrascht darüber, wie sich die Diskussion um die „Twitter-Tussis“ (bzw. den Meedia-Artikel dazu) entwickelt hat. Über das Wochenende tauchten doch an ganz verschiedenen Stellen immer neue, durchaus durchdachte Diskussionsbeiträge zu diesem Thema auf. Allesamt sehr lesenswert. So fruchtbar diese Diskussion sich auch entwickelt hat, glaube ich dennoch: Wir reden ein bisschen aneinander vorbei. Soweit ich die verschiedenen Standpunkte überblicken kann, gibt es vor allem ein großes Missverständnis. Das ist die Annahme: „Wer (wie u.a. Dennis Horn und ich) die mittelfristige Abschaffung der Twitter-Tussi fordert, möchte keine Tweets in klassischen Medien.“ Das ist ehrlich gesagt Quatsch. Ich bin der Meinung: Tweets und andere Internet-Inhalte sollten nur als das präsentiert werden, was sie sind. Es geht um die Message und nicht um das Medium (bzw. um ganz genau zu sein: den Kommunikationsweg). ...

November 12, 2012 · 3 min · Titus Gast

Ja, ich bin Twitter-Tussi. Na und?

Wäre ich eine Frau, hätte ich es möglicherweise nicht so lustig gefunden, einfach nur meine Arbeit zu machen und dafür von einem Online-Medienmagazin als „Twitter-Tussi“ tituliert zu werden. Als männliche Twitter-Tussi fand ich es einigermaßen komisch. Denn wenn wir alle einfach mal einen Schritt zurücktreten und mit etwas Abstand auf uns gucken, ist das doch Realsatire, was wir da treiben: Tweets in anderen Medien vorzulesen. Oder? Zunächst mal: Natürlich kann man über den Meedia-Artikel streiten. Wahrscheinlich ist er auch nicht besonders geglückt als Satire – vor allem ist es wahrscheinlich sogar ziemlich unnötig, Kolleginnen namentlich zu nennen. Viel lustiger wäre es wahrscheinlich gewesen, eine anonyme Klischee-Twittertussi zu beschreiben. Ob ich den Artikel sexistisch finden soll, wie es viele kritisieren? Keine Ahnung. Vermutlich müsste ich dazu eine Frau sein. Tatsache ist – und das wird auch in dieser Satire deutlich: Es ist im Fernsehen (und ich möchte persönlich ergänzen: im Radio) gerade mega-angesagt, aus dem Internet vorzulesen. Wenn man das lustig findet, kann man sich auch darüber lustig machen. Man kann auch ein paar Interviews zu diesem Phänomen machen. Ist auch lustig, aber auch irgendwie ernsthaft. Vielleicht besser. ...

November 9, 2012 · 4 min · Titus Gast

Fernsehen im Netz

Ein paar interessante Gedanken und Erfahrungsberichte zu Web-TV sind gerade bei “Fliegendes Auge” zu lesen. Und die Einladung zur Diskussion “Was unterscheidet Web-TV von Fernsehen”. Die Frage sollten vielleicht besser Fernsehleute beantworten. Ich kann nur als Nutzer und Produzent kleinerer Web-Videos sagen, was ich sehen will und was eher nicht so sehr. Wahrscheinlich liegt die Wurzel allen Übels schon in den verwendeten Vokabeln. Denn: Web-TV ist einfach ein großes Wort. Das klingt, als wollte man einen Fernsehsender im Netz aufziehen, der das herkömmliche Fernsehen womöglich ersetzt. Das ist in den meisten Fällen wahrscheinlich einfach Größenwahn. Abgesehen davon schränkt der Begriff inhaltlich ein, suggeriert er doch, dass es hier darum ginge, einfach Fernsehen zu machen – mit all seinen Stilvorbildern, Erzählformen, Stärken und Schwächen. Weil aber die Nutzergewohnheiten im Web anders sind (Web-TV ist ja nicht IPTV), muss es auch Unterschiede geben. Das ist bei anderen Medien auch so: Als Radio und Fernsehen entstanden, wurde ja auch nicht einfach aus der Zeitung vorgelesen, sondern es haben sich sehr schnell ganz eigene Darstellungsformen entwickelt. Die Schwierigkeit besteht darin, dass man sich halt nur an dem orientieren kann, was man kennt – und das ist herkömmliches TV. Also setzt sich da auch schon mal jemand hin und liest Nachrichten vor wie die Tagesschau – nur so schlecht, dass sich jeder offene Kanal auf die Schenkel klopft. Man muss sich – egal bei welchem Medium – schon überlegen: Wo liegen unsere Kompetenzen? Was können wir gut, wo sind unsere Leute stark? Ganz ehrlich: Bei den wenigsten Zeitungen und reinen Online-Redaktionen dürften z.B. die eigenen Leute begnadete Sprecher und Moderatoren sein. Also muss man seine Videos so machen, dass solche Mängel nicht offensichtlich werden oder sich ggf. Profis ins Haus holen. Das andere sind natürlich die Bilder: Nicht jedes Ereignis liefert die Bilder, die die Nutzer in Scharen ein Video anklicken lassen, und nicht jeder Reporter ist ein begnadeter Kameramann. Ich weiß zum Beispiel nicht, ob man den Video-Bereich in Zeitungsredaktionen zwangsläufig komplett bei Online-Redaktionen ansiedeln sollte oder ob da nicht der eine oder andere Fotograf ganz sinnvoll zuarbeiten könnte. ...

December 9, 2007 · 3 min · Titus Gast

Die Podcast-Fälscher

Man nehme eine Audiodatei, stelle sie ins Netz, nenne das Ganze “Podcast”, und schon ist man superhip, megamodern und ja so was von 2.0, dass es ganz aus ist. Da ist was dran: Aus ist es tatsächlich. Nämlich aus mit dem Traum vom Podcast: Einfach Audiodateien zum Download anbieten, das hat mit Podcasting schließlich ungefähr so viel zu tun wie das Verschicken von Kassetten mit Radio. Es ist natürlich nicht weiter verwunderlich, wenn irgendwelchen kleinen Familienfirmen, die gerade erst das Internet entdeckt haben, das technische Know-How fehlt, um einzelne Audiodateien zum Download von einem regelmäßigen und vor allem automatisiert via Feed abrufbaren Angebot unterscheiden zu können. Dass aber auch ein nicht gerade kleines Unternehmen wie die Lufthansa diesem Irrtum aufsitzt, ist doch erstaunlich: Die Fluggesellschaft bietet seit einiger Zeit professionell produzierte, kleine ...

July 20, 2007 · 1 min · Titus Gast